Nachbarländer wieder offen Kaum waren sie über der Grenze, hiess es: Maske auf! Rund drei Monate waren sie wegen der Pandemie mehr oder weniger zu, heute sind die Landesgrenzen wieder geöffnet worden. Im Süden Deutschlands hatte man bereits sehnsüchtig auf die Einkaufstouristen gewartet. Aktualisiert vor 8 Stunden Die Schweiz hat am Montag um Mitternacht die Landesgrenzen für EU- und Efta-Bürger wieder geöffnet, es herrscht damit wieder die volle Personenfreizügigkeit. Das Ereignis wurde mancherorts gebührend gefeiert. Unter viel Applaus, Bravo- und «die Mauer muss weg»-Rufen der Zuschauer wurden die Metallelemente zur Grenzsicherung zwischen Konstanz und Kreuzlingen zur Seite geräumt. Vertreter beider Seiten durchtrennten gleichzeitig die Kabelbinder zwischen einzelnen Zaunelementen und trafen sich in der Mitte zwischen dem doppelten Zaun. Keller-Sutter: Rückgabe der Reisefreiheit – Grundrecht der Bürger Mit dem Lockdown nahmen die Grenzübertritte gemäss Bundesrätin Karin Keller-Sutter um 60 bis 70 Prozent ab. Mit der Grenzöffnung sei ein wichtiges Grundrecht an die Bürger zurückgegeben worden: die Reisefreiheit. Allerdings bedeute das nicht, dass die Coronavirus-Pandemie ein «Ablaufdatum» bekommen habe, sagte Bundesrätin Karin Keller-Sutter am Montag im Radio-Interview. Sie habe persönlich keine Angst vor einer zweiten grossen Ansteckungswelle, sagte die Justizministerin im «Tagesgespräch» des Deutschschweizer Radios SRF. Eine solche sei, wenn überhaupt, eher für Herbst oder Winter zu erwarten. Allerdings fördere das Reisen immer die Ausbreitung von Viren. Sie selber werde diesen Sommer in der Schweiz verbringen, auch dem Schweizer Tourismus zuliebe. Mit dem Lockdown nahmen die Grenzübertritte gemäss Keller-Sutter um 60 bis 70 Prozent ab. Mehrere grenznahe Regionen hätten zu Beginn hohe Ansteckungszahlen aufgewiesen, nicht nur die Lombardei, sondern auch Bayern und das Elsass, deshalb sei eine Rundum-Grenzschliessung im März geboten gewesen. Und die Schweiz habe nicht spät reagiert, Deutschland und Frankreich hätten erst danach Grenzen geschlossen. Die Diskussion darüber, ob Notrecht verhältnismässig sei oder ob es derzeit eine unzulässige Machtballung beim Bundesrat gebe, hält Keller-Sutter für eher akademisch. Wenn sie mit der Bevölkerung spreche, nehme sie Dankbarkeit wahr dafür, dass der Bundesrat die Gesundheit der Menschen mit seinen Massnahmen schützen konnte. Unbefriedigend ist aus Sicht der Justizministerin die unterschiedliche Handhabung der Einschränkungen bei der Versammlungsfreiheit. Dass Demonstrationen mit teils über tausend Teilnehmenden von der Polizei geduldet würden, Fussballspiele mit Publikum aber nicht erlaubt seien, solle geändert werden, der Bundesrat beschäftige sich derzeit damit. Dass sie als Neuling im Bundesrat eine «ausserordentliche Lage» mit Notrecht erlebe, sei schon etwas Besonderes und Unvergessliches. «Ich wollte den Bürgern nie Freiheiten wegnehmen», betonte Keller-Sutter. (sda) Der Kreuzlinger Stadtpräsident Thomas Niederberger und der Konstanzer Oberbürgermeister Uli Burchardt hatten jeweils eine Flasche Wein mitgebracht, um anzustossen. Dass die beiden zusammengewachsenen Städte jetzt nicht mehr getrennt sind, sei «ein super gutes Gefühl», sagte Niederberger. Feier auch in Basel Grosse Freude auch in Basel: Behördenvertreter aus der trinationalen Region Basel feierten am Morgen das Ende der dreimonatigen Grenzschliessung. Für die Basler Regierungspräsidentin Elisabeth Ackermann war dieser Anlass «ein starkes Zeichen gegenseitiger Wertschätzung». Das Lebensgefühl des Dreiländerecks habe ihr in den vergangenen Monaten schmerzlich gefehlt, sagte Ackermann an der Feier auf der Dreiländerbrücke zwischen Weil am Rhein D und Huningue F. Nun gelte es, über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit eine weitere Grenzschliessung dieser Art zu verhindern, sagte die Basler Regierungspräsidentin weiter. Dazu müssten die Anliegen der Region im Dreiländereck verstärkt gemeinsam nach Bern, Paris und Berlin getragen werden. Auch Behördenvertreter aus Deutschland und Frankreich freuten sich über die Wiedereröffnung der Grenzen. Während der Grenzschliessung sei die Region enger zusammengewachsen. Es habe sich gezeigt, «dass wir nicht nur Nachbarn oder Partner, sondern Freunde sind», hiess es an der Feier. Einkaufen im Ausland wieder möglich Die Grenzöffnung wurde bereits am frühen Morgen von vielen Menschen genutzt, wie es auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA bei der Eidgenössischen Zollverwaltung (EZV) hiess. So sei am Autobahn-Grenzübergang Rheinfelden viel Verkehr gewesen. Ein Ansturm von Einkaufstouristen aus der Schweiz war im Warenhaus Rheincenter in Weil am Rhein D indes nicht auszumachen. Auch in Konstanz war zwar kein Ansturm von Einkaufstouristen zu verspüren, in den Geschäften und Restaurants war aber mehr los als üblicherweise zum Wochenstart. Der erhoffte Ansturm an Einkaufstouristen blieb aber aus. «Es ist ein Wochentag. Die Leute müssen arbeiten», sagte Peter Herrmann, Manager des Lago-Centers in Konstanz, der sich über die Rückkehr der Normalität freut. Er rechnet mit rund 25'000 bis 28'000 Besuchern. Im «Lago» machen die Einkäufe von Schweizerinnen und Schweizer laut Herrmann rund 30 bis 35 Prozent des Umsatzes aus. Maskenpflicht in Deutschland: In Kreuzlingen kontrolliert ein Grenzwächter Quittungen am 15. Juni 2020, am ersten Tag der offenen Grenze. Am Zoll in Konstanz liessen sich am Morgen die ersten Einkaufstouristen ihre Belege für die Rückerstattung der Mehrwertsteuer abstempeln. Seit dem 1. Januar 2020 muss für die Rückerstattung der Einkauf in einem Geschäft an einem Tag 50 Euro übersteigen. Nachbarländer: Reisen in ÖV mit Masken Derweil in der Schweiz in den öffentlichen Verkehrsmitteln keine Maskenpflicht herrscht, muss in Fernverkehrszügen (ICE/IC/EC) in Deutschland eine Maske aufgesetzt werden. Je nach Bundesland können abweichende Regelungen in Regionalzügen und S-Bahnen bestehen. Auch auf allen Reisen in öffentlichen Verkehrsmitteln in Frankreich und Italien gilt eine Maskenpflicht. Zudem müssen weitere Hygieneregeln eingehalten werden. In Österreich gilt ebenfalls in allen öffentlichen Verkehrsmitteln eine Mund-Nasen-Schutz-Pflicht. Sobald ein Zug über die Schweizer Grenze ins Ausland rollt, müssen Reisende also eine Schutzmaske aufsetzen. Lockerungen seit Mitte Mai Zwischen der Schweiz, Österreich und Deutschland waren die Einreisebeschränkungen bereits am 16. Mai gelockert worden. Die Grenzübergänge zwischen der Schweiz sowie Deutschland und Österreich waren seither geöffnet. Es fanden lediglich risikobasierte, aber keine systematischen Grenzkontrollen mehr statt. Die Grenzen zu diesen zwei Ländern durfte aber nur passieren, wer in einer grenzüberschreitenden Beziehung lebt, Verwandte besuchen will oder im anderen Land eine Zweitwohnung hat. Ursprünglich wollte die Schweiz die Grenzen am 15. Juni nur zu den Nachbarländern Deutschland, Frankreich und Österreich vollständig öffnen. Italien hatte seine Grenzen unilateral bereits am 3. Juni geöffnet.